Lebensphase Alter | 04.06.2020Freiwilliges Engagement von Älteren
Welche Faktoren erhöhen die Chancen Älterer mit niedrigem Bildungsgrad für eine Teilhabe im Freiwilligenbereich? Diese Frage beantwortet ein neuer Artikel in der Zeitschrift „Sozialer Fortschritt“. Darin konstatiert BiB-Wissenschaftler Frank Micheel auf der Basis von bestehenden wissenschaftlichen Befunden, dass Bildungsnachteile den Zugang zum Freiwilligenbereich in der „Lebensphase Alter“ systematisch erschweren. So wird soziale Ungleichheit im Alter maßgeblich vom Bildungsniveau bestimmt.
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Dies wirkt sich auch bei den Zugangsmöglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe Älterer negativ aus, etwa beim freiwilligen Engagement. Damit stellt sich die Frage, wie hier Barrieren für ältere Personen mit niedriger Bildung abgebaut werden können. „Zahlenmäßig reden wir hier von einer beachtlich großen Personengruppe, nämlich rund 7,3 Millionen Menschen in der Altersgruppe 50+“, so Micheel.
Freiwilligkeit der Tätigkeit steht im Vordergrund
Vor diesem Hintergrund hat er mithilfe des Freiwilligensurveys aus dem Jahr 2014 untersucht, welche differenzierenden Merkmale freiwillige Aktivitäten sowohl bei den niedrig- als auch bei den hochgebildeten Personen in der Altersgruppe 50+ erklären können.
„Herangezogen wurden dazu demografische Merkmale, Ressourcen wie gesundheitliche Einschränkungen, persönliche Werte sowie kontextuelle Aspekte“, erläutert Micheel. Unter einem „freiwilligen Engagement“ werden Tätigkeiten verstanden, „die intendiert und auf freiwilliger Basis entstehen, keinen materiellen Gewinn verfolgen und in einem organisationsbezogenen Rahmen durchgeführt werden.“ Dabei entsteht aus diesem Engagement ein gesellschaftlicher Nutzen für andere Personen, Gruppen oder einen bestimmten Grund. In Abgrenzung zur beruflichen Tätigkeit mit formellen Rahmenbedingungen wie einem Arbeitsvertrag steht hier die Freiwilligkeit im Vordergrund. „Materielle Anreize spielen hier im Gegensatz zur Erwerbsarbeit eine vernachlässigbare Rolle“, betont der Wissenschaftler.
Bildungsunterschied spielt (auch, aber nicht nur) eine Rolle
Seine Befunde belegen weitgehend die Ergebnisse bisheriger Studien. So liegt der Freiwilligenanteil unter den Personen mit niedrigem Bildungsniveau bei rund einem Fünftel (21,3 Prozent). Dagegen ist jede zweite Person (51,2 Prozent) mit hoher Bildung freiwillig aktiv.
Insgesamt zeigen die Analysen, dass freiwilliges Engagement in der „Lebensphase Alter“ sowohl von individuellen als auch von strukturellen Merkmalen begünstigt wird. Neben dem Bildungsunterschied zählen dazu ein niedriges Alter, die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ein Wohnort in den alten Bundesländern. Weiterhin wirken sich die Abwesenheit gesundheitlicher Einschränkungen, eine starke religiöse Verbundenheit, ein guter sozialer Zusammenhalt am Wohnort und ein funktionierendes soziales Netzwerk positiv auf die Bereitschaft zu freiwilligen ehrenamtlichen Tätigkeiten aus.
Micheel, Frank (2020): Freiwilliges Engagement in der „Lebensphase Alter“. Eine kontrastierende Betrachtung von niedrig- und hochgebildeten Personen in der Altersgruppe 50+ mit dem Freiwilligensurvey 2014. Sozialer Fortschritt, Bd. 69 (2020), Heft 5: 349-374.