Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Pressekonferenz des BiB über Eltern in der Corona-Krise • 15.07.2020Eltern zur Improvisation gezwungen

Hat die Corona-Krise die Geschlechterrollen in Beruf und Familie verändert? Wie ergeht es Eltern in systemrelevanten Berufen? Wird sich das künftige Arbeitsleben dauerhaft verändern? Diese Fragen standen im Fokus der Pressekonferenz am 14. Juli 2020 zur Präsentation der neuen BiB-Studie „Eltern während der Corona-Krise - Zur Improvisation gezwungen". Die Corona-Krise hat zu Veränderungen im Erwerbsleben geführt, von denen Eltern in ganz unterschiedlicher Weise betroffen sind. Je nach beruflicher Tätigkeit spielt vor allem die zunehmende Nutzung der Möglichkeit, zuhause zu arbeiten („Homeoffice“), eine immer größere Rolle.

Irreversibler Veränderungsprozess der Arbeitswelt durch das Homeoffice

BiB-Direktor Prof. Dr. Norbert F. Schneider Prof. Dr. Norbert F. Schneider Quelle: BiB

Der Direktor des BiB, Prof. Dr. Norbert F. Schneider, wies darauf hin, dass die Möglichkeit des Homeoffice in den Jahren vor der Corona-Krise nur eine Minderheit der Erwerbstätigen nutzte: „Im Jahr 2018 haben 5 Prozent der Erwerbstätigen zumindest die Hälfte ihrer Arbeitszeit zuhause gearbeitet. Gegenwärtig arbeiten 23 Prozent der Erwerbstätigen überwiegend zuhause, somit hat sich der Anteil in kürzester Zeit mehr als vervierfacht“, analysierte der Soziologe.

Angesichts dieser rasanten Entwicklung geht er davon aus, dass es sich hier um einen unumkehrbaren Prozess handelt. Die neue Normalität der Arbeitswelt könnte demnach durch eine neue Balance von physischen Präsenzphasen am Arbeitsplatz und im Homeoffice gekennzeichnet sein. Diese Entwicklung bietet eine Reihe von Chancen und Vorteilen, zugleich aber auch Risiken und Herausforderungen. Trotz allem sollte hier die Freiwilligkeit gewährleistet bleiben, denn: „Das entstandene Recht auf Homeoffice darf sich nicht zu einer Pflicht entwickeln“, warnte Prof. Schneider.

Systemrelevant, aber schlechtbezahlt: die Mütter

Zu den positiven Folgen des Homeoffice gehört sicherlich, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Doch wie steht es um die Eltern, die in sogenannten „systemrelevanten Berufen“ beschäftigt sind und gar nicht zuhause arbeiten können?

Wie sich deren Situation vor dem Hintergrund der Corona-Krise darstellt, zeigte Dr. Inga Laß anhand von Befunden der BiB-Studie. Demnach sind vor allem die Mütter in systemrelevanten Berufen mit niedriger Entlohnung beschäftigt. Dabei verdient über ein Drittel der systemrelevant beschäftigten Mütter weniger als 1.100 Euro. Zudem arbeiten viele in Teilzeit. „Die Befunde belegen, dass Mütter in systemrelevanten Berufen deutlich weniger verdienen als ihre Partner. Allerdings sind in den seltensten Fällen beide Elternteile gleichzeitig systemrelevant beschäftigt“, betonte die Soziologin.

Deutlich mehr Zeit für die Familie: Väter in Corona-Zeiten

PD Dr. Martin Bujard PD Dr. Martin Bujard Quelle: BiB

Im Verlauf der Corona-Krise hat sich auch die Arbeitsteilung der Geschlechter bei der Organisation des Familienlebens verändert, wie aus den Befunden der BiB-Studie ersichtlich wird. So machte PD Dr. Martin Bujard deutlich, dass die Stunden, die für Erwerbsarbeit aufgewendet wurden, bei den Vätern 2020 im Vergleich zu 2018 um durchschnittlich etwa zweieinhalb Stunden zurückgegangen sind. „Bei den Müttern ist die Zeit für Erwerbsarbeit nur um etwa eine Stunde zurückgegangen, da sie öfters in systemrelevanten Berufen arbeiten", sagte Dr. Bujard.

Ein umgekehrtes Bild zeigt sich beim Blick auf die Familienarbeit: Hier ist der Anteil der Väter an der Familienarbeitszeit von zuvor etwa 33 Prozent auf 41 Prozent gestiegen. Väter haben somit in der Ausnahmesituation während des Lockdowns einen historisch hohen Anteil in der Aufteilung der Familienarbeit erreicht – freilich immer noch weniger als die Mütter. Diese Befunde belegen aus seiner Sicht, dass von einer vieldiskutierten Retraditionalisierung der Geschlechterrollen im Zuge der Corona-Krise nicht die Rede sein kann.

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