Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

BiB-Informationsveranstaltung 2021 • 26.01.2021Befördert die Corona-Pandemie sozialen Wandel?

Die aktuelle Pandemie wird in positiver und negativer Hinsicht zu einem sozialen Wandel in vielen Bereichen führen. Dies betonte BiB-Direktor, Prof. Dr. Norbert F. Schneider, bei der Online-Infoveranstaltung "BiB informiert" des Instituts am 20.01.2021 mit aktuellen Forschungsbefunden. Der neue Leiter des für Demografie zuständigen Referats im Bundesministerium des Innern, Dr. Matthias Klingner, wies in seiner Eröffnungsrede besonders auf die zentrale Bedeutung der Vernetzung zwischen der Wissenschaft und den zuständigen Behörden und Ministerien gerade in Zeiten der Pandemie hin.

Tafel mit demografischen Begriffen Quelle: © Coloures-Pic / Adobe Stock

„Die aktuellen Themen lassen sich nur im Zusammenspiel von vielen Beteiligten lösen. Das BiB hat als Ressortforschungsinstitut des Bundes hier eine wichtige Beratungsfunktion“, betonte Dr. Klingner.

Demografische und gesellschaftliche Veränderungen

Die Folgen der Pandemie für das demografische Geschehen sind derzeit noch nicht eindeutig erkennbar, wie Prof. Schneider zeigte. Er geht aber davon aus, der besonders bei der Binnenwanderung in Deutschland dauerhafte Beeinflussungen zu erwarten sind, da die seit 2012 zu beobachtenden Suburbanisierungsprozesse sich verstärken könnten.

Trotz eines erwarteten leichten Rückgangs der Lebenserwartung erwartet der Familiensoziologe keine längerfristig beschleunigte Schrumpfung der Bevölkerung durch die Pandemie, sondern vielmehr eine Umverteilung der Bevölkerungszahlen. Inwieweit die Pandemie das Geburtengeschehen beeinflusst, lässt sich anhand der aktuellen Daten noch nicht sagen. Aufgrund der Entwicklung in den ersten drei Quartalen 2020 erscheint im Zuge der Pandemie ein leichter Geburtenrückgang aber wahrscheinlicher als ein Anstieg.

Einen deutlichen Wandel hat die Pandemie aber bereits bei der Arbeitsorganisation sowie beim Mobilitätsverhalten angestoßen. Die Präsenzkultur am Arbeitsplatz steht vor dem Ende, dadurch wird sich auch das Mobilitätsverhalten ändern, lautet seine Prognose. Insgesamt wird die Pandemie sozialen Wandel in vielen Bereichen neu anstoßen und beschleunigen.

Datenprobleme bei der Sterblichkeitsberechnung

Dr. Michael Mühlichen zeigte anhand der vorläufigen geschätzten Sterblichkeitsdaten zu COVID-19 im Jahr 2020, dass als Ergebnis der ersten und zweiten Corona-Welle im April/Mai und zunehmend ab Ende Oktober eine erhöhte Sterblichkeit festzustellen ist. Er geht daher von einem Rückgang der Lebenserwartung für 2020 aus. Die vorhandenen Daten lassen allerdings keine Rückschlüsse auf Kausalitätsketten zu. So enthält die Zahl der Corona-Todesfälle sowohl Fälle, die an COVID-19 gestorben sind als auch solche, die mit COVID-19 gestorben sind.

Auch wenn das Robert-Koch-Institut davon ausgeht, dass die Mehrheit an COVID-19 starb, ist ein eindeutiger Bezug der Sterbefälle zu Todesursachen bislang nicht möglich. Daher benötigt Deutschland ein Mortalitätsregister, lautete sein Resümee.

Ungünstige Arbeitsbedingungen und niedriger Lohn in den sozialen Berufen

Am Beispiel der Situation in den sozialen Berufsgruppen Gesundheitspflege, Altenpflege sowie Erziehung und Sozialarbeit zeigte Dr. Inga Laß, dass hier mehrheitlich die Frauen mit ungünstigen Arbeitsbedíngungen wie einem hohen Zeitdruck und Unter- beziehungsweise Überbeschäftigung sowie einem niedrigen Lohn konfrontiert sind. Dies trägt nicht nur zur Lohnlücke zwischen Frauen und Männern bei, sondern schlägt sich auch in der „Gender Pension Gap“ nieder, also einer deutlichen Lücke beim Rentenniveau zulasten der Frauen. „All diese Faktoren belegen die hohe Relevanz einer Aufwertung der sozialen Berufe - zum Beispiel durch höhere Stundenlöhne, mehr Zeitautonomie und ein nachhaltiges Gesundheits- und Belastungsmanagement“, betonte die Wissenschaftlerin.

Was macht Städte lebenswert?

Wie sich der Einfluss urbaner Lebensbedingungen auf die Lebensqualität auswirkt, analysierte PD Dr. Heiko Rüger auf der Grundlage einer Studie zu Auslandsentsandten des Auswärtigen Amtes. Es zeigt sich, dass die Umwelt- und Lebensbedingungen wie Natur, Wohnqualität oder Versorgung mit öffentlichen Gütern (insbesondere Luft- und Wasserqualität) eine Hauptrolle bei der Bewertung der Lebensqualität der Befragten spielen. Die Studie liefert somit Informationen über die relative Bedeutung verschiedener Einflüsse auf die Lebensqualität, während bisherige Studien häufig nur einzelne Faktoren untersuchten.

Kulturelle Diversität in der Bundesverwaltung

Dass der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Bundesverwaltung mit 12 Prozent im Vergleich zur Privatwirtschaft oder Gesamtbevölkerung gering ist, gehört zu den wesentlichen Befunden der ersten zentralen Beschäftigtenbefragung des BiB und der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zur kulturellen Diversität in der Bundesverwaltung. Allerdings gibt es hier zwischen den Behörden deutliche Unterschiede, sagte BiB-Wissenschaftler Martin Weinmann. So sind Beschäftigte mit Migrationshintergrund insbesondere im einfachem Dienst in Relation zu ihrem Gesamtanteil an allen Beschäftigten überrepräsentiert und im gehobenen Dienst unterrepräsentiert. Trotz dieser unterschiedlichen Repräsentation bei den Laufbahnzugehörigkeiten ergibt eine Einschätzung des Diversitätsklimas durch die Beschäftigten einen Wert von 3,2 auf einer Skala von 1 bis 5 – und damit eine durchschnittlich positive Bewertung.

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