Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Vortrag | 04.02.2021Regionale Bevölkerungsentwicklung in Bewegung

Mit den Trends der räumlichen Bevölkerungsentwicklungen in den Regionen Deutschlands und den Folgen beschäftigte sich BiB-Direktor Prof. Dr. Norbert F. Schneider in einem Online-Vortrag am 2. Februar 2021. Dabei machte er deutlich, wie vielfältig die Unterschiede zwischen den Regionen sind. Sein Beitrag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Zur Zukunft unseres Zusammenlebens – Dienstagsdialoge für ein Einstein Center for Population Diversity“ des Förderfonds Wissenschaft in Berlin.

In seinem Beitrag widmete sich Prof. Dr. Schneider zunächst der Frage, wie sich die Größe der Bevölkerung in den Regionen Deutschlands und in den unterschiedlichen Regionaltypen entwickelt und wie sich die Bevölkerungsstruktur in den Regionen verändert hat. So zeigte er am Beispiel des Bevölkerungswachstums zwischen 1990 und 2019 von Suhl in Ostdeutschland und dem Landkreis Erding die Veränderungen der Bevölkerungszahl in den beiden Regionen auf. Suhl verlor in diesem Zeitraum 36 Prozent seiner Bevölkerung, während der Landkreis Erding gleichzeitig Zuwächse um 46 Prozent verzeichnen konnte.

Fehlende Zuwanderung begünstigt Schrumpfung einer Region

In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass die Schrumpfung und das Wachstum von Regionen im Zeitverlauf keineswegs dauerhaft stabil sind, sondern als volatil bezeichnet werden müssen. Die Ursachen für eine Schrumpfung von Regionen liegen nach Ansicht des Familiensoziologen vor allem in der fehlenden Zuwanderung. Hinzu kommt in den letzten Jahren ein Wachstum der Einwohnerzahlen in den Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern verbunden mit einem Rückgang der Einwohnerzahlen in kleinen Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern. „Im Jahr 1910 lebten dort 51 Prozent der Bevölkerung in Deutschland, 2020 waren es nur noch 14 Prozent“, betonte Prof. Schneider. Dagegen lebten im Jahr 2020 32 Prozent in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern.

Wanderungsbewegungen führen zur Abgrenzung von Bevölkerungsgruppen

Diese räumlichen Bevölkerungsbewegungen haben Folgen. „Wir beobachten, dass Binnenwanderungen und Zuwanderung häufig zu großräumiger Segregation, dass heißt einer Trennung und Abgrenzung von Bevölkerungsgruppen, führen.“ Diese kann etwa durch selektive Zuwanderung, zum Beispiel im Zuge von Kettenmigration bei der internationalen Migration, oder den Zuzug von Studierenden in mittelgroße Universitätsstädte entstehen. Zudem befördert auch selektive Sesshaftigkeit, beispielsweise von schlecht ausgebildeten jungen Männern, Segregationsprozesse in den Regionen.

Trend zur Suburbanisierung in Deutschland

Darüber hinaus belegt die räumliche Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahre, dass der lange Zeit in Deutschland vorherrschende Trend der Urbanisierung aktuell an einem Wendepunkt angelangt zu sein scheint. Waren bis vor wenigen Jahren die Großstädte das bevorzugte Ziel der Binnenwanderung, so werden mittlerweile die Umlandgemeinden immer beliebter.

Subjektive Lebensqualität ist entscheidend – gerade in Großstädten

Wo man gut und gerne lebt wird gerade in den Großstädten vor allem durch die subjektive Lebensqualität bestimmt: „Sie wird besonders durch vier sozialökologische Faktoren beeinflusst: die Qualität der Natur und den Zugang dazu, das Wohnumfeld, die Luftqualität sowie die Beeinflussung durch Lärm“, so der Familiensoziologe.

Branding“ – die Region als Marke

Wie sich eine Region im Wettbewerb mit anderen künftig entwickelt, hängt dabei vor allem davon ab, wie sehr sie sich präsentiert. Welche Bedeutung die „Images“ von Regionen haben, wurde bisher durch die regionale Entwicklungspolitik weithin vernachlässigt. „Ein wichtiger Schlüssel ist hier die Bedeutung des „Branding“, also die Betonung der Stärken und Potenziale einer Region“, resümierte Prof. Schneider.