Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Bevölkerungsforschung Aktuell 2/2021 • 16.04.2021Persönliche Einstellungen zu Reproduktionsmedizin

Beeinflusst die persönliche Religiosität die eigenen Einstellungen zur Fortpflanzungsmedizin? Bisher gibt es keine Untersuchungen dazu, wie sich Religionszugehörigkeit und individuelle Religiosität auf Kinderwunsch und Fertilität in Deutschland auswirken. Nur wenige Studien haben sich mit der Akzeptanz der Reproduktionsmedizin in der Allgemeinbevölkerung befasst. Ein Beitrag in der neuen Ausgabe von Bevölkerungsforschung Aktuell liefert aktuelle Befunde zu diesen Zusammenhängen.

Künstliche Befruchtung im Labor Quelle: © Andriy Bezuglov / Adobe Stock

Basis der Analysen ist der Survey „Der Einfluss sozialer Netzwerke auf den Wissenstransfer am Beispiel der Reproduktionsmedizin (NeWiRe)“ der Ostbayrischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg von 2014/2015. Darin wurden 1.001 Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund befragt und zwar unabhängig davon, ob sie selbst einen Kinderwunsch und beziehungsweise oder Fertilitätsprobleme hatten. Die Frauen gehörten verschiedenen Religionsgruppen an. Sie wurden unter anderem dazu befragt, ob sie reproduktionsmedizinische Verfahren selbst nutzen würden, wenn sie einen Kinderwunsch hätten, aber auf natürlichem Weg nicht schwanger werden könnten. Gefragt wurde zudem auch nach den individuellen Einstellungen zur Anwendung von verschiedenen Methoden der Reproduktionsmedizin.

Religiöse Vielfalt geht einher mit aufgeschlossenen Einstellungen

Die Auswertungen zeigen unter anderem, dass die meisten der befragten Frauen der Nutzung von reproduktionsmedizinischen Techniken persönlich offen gegenüberstehen. Es zeigen sich kaum Unterschiede zwischen den Angehörigen der liberaleren Religionen und den Glaubensgemeinschaften mit einer ablehnenden Haltung. Am kritischsten stehen Deutsche ohne Migrationshintergrund den Reproduktionstechnologien gegenüber. Die Mitglieder der christlichen Kirchen und Muslime wiesen im Vergleich zu Religionslosen und Mitgliedern anderer religiöser Gruppierungen eine höhere Akzeptanz gegenüber assistierter Reproduktion auf, bei der die Ei- oder Samenzelle vom behandelten Paar selbst stammen. Dagegen ist die Zustimmung zu Verfahren mithilfe der Ei- oder Samenzellen von Dritten insgesamt - aber vor allem unter religiös-gebundenen Frauen - deutlich geringer.

Die Analysen bestätigen bereits vorhandene Befunde aus der Sozialisationsforschung, wonach das religiöse Umfeld und das soziale Klima des Landes, in dem die Menschen aufgewachsen sind, ihre Einstellungen zu reproduktionsmedizinischen Techniken im weiteren Lebenslauf beeinflussen. Unter Zugewanderten der ersten Generation hat dies auch noch nach der Migration Bestand. Die Befunde zeigen, dass die religiöse Vielfalt in Deutschland mit einer relativ großen Akzeptanz von Reproduktionsmedizin in Deutschland einhergeht.

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