Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

BiB-Symposium | 13.12.2021Babyboomer im Ruhestand: Und nun?

Die Übergänge in den Ruhestand haben sich in Deutschland und anderen Ländern verändert. Über Anpassungsprobleme der Älteren und die Gestaltung der Ruhestandsphase der Babyboomer aus europäischer Perspektive diskutierten internationale Expertinnen und Experten bei dem vom BiB ausgerichteten interdisziplinären Symposium „The Ageing of the Baby Boomers: Current Issues of Work and Retirement Research in a European Perspective“ am 25. November 2021 unter der Leitung von BiB-Wissenschaftler Dr. Andreas Mergenthaler.

Dabei richtete sich der Blick nicht nur auf die veränderte Bedeutung des Ruhestands für ältere Menschen, sondern auch auf die Frage, wie sie diese Lebensphase gestalten und welche Faktoren wie zum Beispiel Bildungsstand, Gesundheitsstatus oder die eigene ökonomische Lage die Entscheidung beeinflussen, weiterzuarbeiten oder sich mit informellen Tätigkeiten wie dem Ehrenamt zu befassen.

Überwiegend zufrieden in den Ruhestand

In den meisten europäischen Ländern ist die Zahl der Älteren im Ruhestandsalter, die weiterhin am Erwerbsleben teilnehmen, angestiegen. Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema ergibt sich daraus eine Vielzahl an verschiedenen Forschungsansätzen und Perspektiven, wie die Beiträge des Symposiums zeigten. Eine große Rolle spielte dabei das Thema der Zufriedenheit und des Wohlbefindens beim Übergang in den Ruhestand.

Wie groß die Zufriedenheit ist, hängt unter anderem von der wahrgenommenen Kontrolle über die eigene Lebensgestaltung ab, wie Beiträge aus Deutschland und der Schweiz deutlich machten. Aktuelle Befunde aus der Schweiz von Julia Reiner, Veronika Hämmerle und Prof. Dr. Sabina Misoch belegen zudem, dass das aktuelle Pandemiegeschehen sogar auch positive Auswirkungen auf die Erfahrung des Ruhestands hatte.

Vielzahl an Motiven für Weiterarbeit

Die Entscheidung für eine Weiterführung der Erwerbsarbeit wird aus unterschiedlichen Motivationen heraus getroffen, wie eine schwedische Studie von Dr. Loretta G. Platts, Dr. Agnieszka Ignatowicz, Prof. Dr. Hugo Westerlund und Dr. Dara Rasoal zeigte. Dazu zählen vor allem materielle, normative und emotionale Faktoren. Zu beachten ist allerdings, dass Erwerbstätigkeit im Ruhestand nicht für alle die gleichen Folgen hat: So haben Frauen und Zuwanderer die größten finanziellen Einbußen zu tragen, wenn sie ihr Renteneinkommen nicht durch eine bezahlte Arbeit aufbessern können.

Große Unterschiede zwischen den Ländern

Ein Vergleich des Rentensystems, des Anteils ehrenamtlicher Tätigkeit sowie des Gesundheitsstatus in drei europäischen Ländern (Österreich, Rumänien, Schweiz) von Prof. Dr. Birgit Aigner-Walder und Christina Lobnig macht die große Bandbreite bei den Strukturen und Bedingungen für die Erwerbsbeteiligung Älterer deutlich. Neben Unterschieden bei der Dauer des Erwerbslebens und beim Anteil der ehrenamtlich Tätigen variiert auch das Niveau der wahrgenommenen gesunden Lebensjahre zwischen den drei Ländern erheblich.

Gemeinsamkeiten beim ehrenamtlichen Engagement

Dass es im Ruhestand eine Zunahme des ehrenamtlichen Engagements nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Irland und den USA gibt, bestätigen Befunde einer Untersuchung von Dr. Peter Eibich, Dr. Angelo Lorenti und Dr. Irene Mosca, die die ehrenamtlichen Tätigkeiten 50- bis 69-Jähriger in den drei Ländern untersucht hat. So zeigen sich bemerkenswerte Ähnlichkeiten zwischen den Ländern, aber auch Besonderheiten, etwa bei Einflüssen von Merkmalen wie der Bildung oder dem Partnerschaftsstatus.

Offene Forschungsfragen in europäischer Perspektive

Die Befunde des Symposiums verdeutlichen die große Bedeutung der international vergleichenden Forschung bei der Suche nach Antworten auf die Herausforderungen der alternden Babyboomer für die Arbeitsmärkte und Rentensysteme in vielen europäischen Ländern, resümierte BiB-Wissenschaftler Dr. Andreas Mergenthaler.

Das Symposium, das international anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Expertinnen und Experten aus Politik und Öffentlichkeit zusammengeführt hat, ist ein wichtiger Schritt zur internationalen Vernetzung und Verständigung über zukünftige Forschungsziele. Hierunter ist beispielsweise die Ausweitung der Forschung auf die Ebene wohlfahrtsstaatlicher und betrieblicher Rahmenbedingungen, insbesondere Maßnahmen der gesundheitlichen Prävention am Arbeitsplatz, zu sehen, die einen wichtigen Baustein im Erhalt der Arbeitsfähigkeit älterer Beschäftigter darstellen. Zugleich sollte die Perspektive beruflich Selbstständiger auf die nachberufliche Lebensphase stärker in den Blick genommen werden und die Bedingungen und Konsequenzen von bezahlter Arbeit sowie des Ehrenamts im Rentenalter in europäischer Perspektive erforscht werden. Hierbei geht es vor allem um die Frage, wie solche Tätigkeiten die Lebensqualität und das Wohlbefinden älterer Menschen auch unter den Bedingungen der anhaltenden Corona-Pandemie beeinflussen können.