Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Berliner Demografiegespräch | 25.09.2025Vielfalt im öffentlichen Dienst in Deutschland

Sind Menschen mit Einwanderungsgeschichte in der öffentlichen Verwaltung angemessen repräsentiert? Darüber diskutierten Forschende des Statistischen Bundesamtes und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) beim Demografiegespräch am 17. September 2025 in Berlin.

Hände und mehrfarbige Zahnräder auf einem Bürotisch Quelle: © Lou W/peopleimages.com

Thomas Körner und Dr. Coskun Canan aus dem Referat „Bevölkerungsstatistische Auswertungen und Analysen aus dem Mikrozensus im Statistischen Bundesamt (Destatis)“ gaben auf Basis des Mikrozensus 2024 zunächst einen Überblick darüber, wie Beschäftigte mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung repräsentiert sind. Im Zeitvergleich zeigt sich, dass der öffentliche Dienst seit 2005 vielfältiger geworden ist. Das erklärten beide. So ist der Anteil Eingewanderter im öffentlichen Dienst zwar deutlich angestiegen, liegt aber im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung vor dem Hintergrund der Zuwanderung der letzten Jahre auf gleichem Niveau. Stark angestiegen ist dagegen der Anteil bei den Nachkommen und Personen mit einseitiger Einwanderungsgeschichte, sodass sich die Repräsentationslücke hier deutlich verringert hat, betonte Dr. Canan.

Definition Einwanderungsgeschichte (Destatis)

Eine Person hat eine Einwanderungsgeschichte, wenn sie entweder selbst (Eingewanderte) oder deren beide Elternteile (Nachkommen von Eingewanderten) seit 1950 in das heutige Gebiet Deutschlands eingewandert sind.

Unterschiede zwischen Gruppen

Thomas Körner (Destatis) richtete den Blick auf die Repräsentation soziodemografischer Gruppen im öffentlichen Dienst. Er wies darauf hin, dass die Menschen ohne Einwanderungsgeschichte im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss und Staatsangehörigkeit unterschiedlich repräsentiert sind. Gleichwohl gibt es Repräsentationslücken, die je nach soziodemografischen Merkmalen geringer ausfallen: „Frauen sind häufiger im öffentlichen Dienst beschäftigt als Männer, höhere Altersgruppen sind stärker vertreten. Zudem ist das Qualifikationsniveau im öffentlichen Dienst höher“, analysierte Körner. Deutlich stärker repräsentiert sind auch Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die teilweise Zugangsvoraussetzung ist. Seine Befunde zeigen, dass Unterschiede auch je nach Herkunftsregion bestehen: Nicht alle Gruppen Eingewanderter sind gleich stark vertreten.

Vielfalt in der Bundesverwaltung hat zugenommen

Wie stark Eingewanderte und ihre Nachkommen in der Bundesverwaltung repräsentiert sind, untersuchten die Migrationsforscher Sophie Straub und Dr. Andreas Ette vom BiB auf der Basis des Diversität und Chancengleichheit Surveys (DuCS) des BiB. Dabei handelt es sich um die erste repräsentative Beschäftigtenbefragung in der deutschen Bundesverwaltung, die 2019 und 2024 stattfand. „Die Befunde des Jahres 2024 bestätigen einen deutlichen Anstieg der migrationsbezogenen Vielfalt in der Bundesverwaltung in den letzten fünf Jahren“, betonte Straub. Der Anteil der Personen mit Einwanderungsgeschichte liegt in der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bei 29,4 Prozent, in der Bundesverwaltung liegt er bei 9,9 Prozent. Bei den Neueingestellten liegt der Anteil mit 14,4 Prozent etwas höher. „Dies zeigt einen deutlichen Repräsentationsabstand“, sagte die Forscherin.

Der Blick auf die Verteilung in den einzelnen Bundesbehörden zeigt, dass sich der Anteil von 2,0 bis über 23,1 Prozent erstreckt. Für den überwiegenden Teil der Behörden gab es aber eine Zunahme der migrationsbezogenen Diversität. Der Repräsentationsabstand zur Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter ist in den letzten fünf Jahren angestiegen.

Eingewanderte haben höhere Arbeitszufriedenheit trotz Diskriminierungserfahrungen

Wie die Beschäftigten ihre Situation im öffentlichen Dienst selbst wahrnehmen, beleuchtete Dr. Andreas Ette. Mit Blick auf die Arbeitszufriedenheit zeigten sich zwischen den Behörden klare Unterschiede bei der Einschätzung durch die Befragten. Dabei weisen die Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte eine höhere Arbeitszufriedenheit auf als jene ohne. Beim Faktor Wechselabsichten zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Behörden. „Bessere Aufstiegschancen in der Behörde erhöhen die Zufriedenheit der Beschäftigten und ein besseres Diversitätsmanagement reduziert die Wechselabsichten. Dies kommt letztlich allen Beschäftigten zugute“, sagte Dr. Ette.

Eingewanderte fühlen sich häufiger diskriminiert

Darüber hinaus wies er darauf hin, dass Beschäftigte mit Einwanderungsgeschichte zu einem höheren Teil angeben, von Diskriminierungserfahrungen betroffen zu sein. Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen den Behörden. Die angegebenen Diskriminierungsgründe von Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte sind in erster Linie die ethnische Herkunft, das Aussehen, das Geschlecht und die Religion. Um dem entgegenzuwirken, werden vor allem Fortbildungsmaßnahmen als eine Möglichkeit genannt. Insgesamt sehen 44,3 Prozent der Befragten weiterhin einen hohen bis sehr hohen Bedarf, um Diversität zu fördern und Diskriminierung in der Bundesverwaltung abzubauen.

Hintergrund

Die Vortragsreihe „Berliner Demografiegespräche“ ist ein gemeinsames Format des BiB und der Hauptstadtkommunikation des Statistischen Bundesamtes. Die Reihe richtet sich an Interessierte aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung und informiert über Erkenntnisse aus amtlicher Statistik und Forschung.