Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Pressemitteilung | 21.05.2025Frauen unterschätzen eigene Lebenserwartung, Männer überschätzen sie

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Lebenserwartung in Deutschland deutlich gestiegen. Aber ist den Menschen bewusst, wie lange sie wahrscheinlich leben werden? Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) ging dieser Frage auf Grundlage des Deutschen Alterssurveys (DEAS) nach.

Dabei standen insbesondere Unterschätzungen der verbleibenden Lebensdauer im mittleren Erwachsenenalter im Fokus, da diese unter anderem Lücken bei der persönlichen Altersvorsorge zur Folge haben können. Um Unter- und Überschätzungen zu ermitteln, wurden Angaben zur persönlich eingeschätzten Lebensdauer aus dem DEAS mit der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Lebenserwartung verglichen. Das Ergebnis zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während Männer im mittleren Alter ihre Lebensdauer tendenziell überschätzen, neigen Frauen eher zur Unterschätzung.

Grafik „Persönlich eingeschätzte Lebensdauer und statistische Lebenserwartung in Jahren nach Geschlecht im Alter 40-49 Jahre" Quelle: © BiB

Demnach tendieren Männer im mittleren Alter zur Annahme, dass sie länger leben als es die statistische Lebenserwartung erwarten lässt – im Schnitt um 1,2 Jahre in der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen. Frauen dieser Altersgruppe unterschätzen dagegen ihre eigene Lebensdauer durchschnittlich um 3,3 Jahre. „Dabei sind unsere Zahlen für die Frauen eher konservativ, da wir hinsichtlich der Sterblichkeitsentwicklung die pessimistische Szenarienannahme des Statistischen Bundesamtes verwendet haben. Im Vergleich zur optimistischen Annahme ergibt sich bei den 40- bis 49-jährigen Frauen sogar eine Unterschätzung von durchschnittlich 5,0 Jahren“, erläutert die Ökonomin Dr. Anna Reuter. Diese Unterschiede zwischen Männern und Frauen könnten auf eine andere subjektive Wahrnehmung von Risiken, zum Beispiel im Hinblick auf die eigene Gesundheit, zurückzuführen sein.

Eine Lücke zwischen persönlicher Einschätzung und statistischer Lebenserwartung kann Folgen haben: „Forschungsergebnisse zeigen, dass Personen, die ihre verbleibende Lebenszeit unterschätzen, tendenziell weniger in die Altersvorsorge investieren“, erklärt Mitautor Dr. Andreas Mergenthaler. Eine weitere Folge kann ein früher Renteneintritt mit hohen Abschlägen sein. Das daraus folgende niedrige Rentenniveau kann dann zum Problem werden, wenn entgegen der Erwartung doch eine lange Zeit in Rente verlebt wird. In diesem Fall könnten andere Rücklagen im höheren Alter schon aufgebraucht sein und sich dadurch das Armutsrisiko erhöhen. Da die Unterschätzung gerade bei Frauen weit verbreitet ist, scheinen diese einem sogenannten „Langlebigkeitsrisiko“ besonders ausgesetzt zu sein. Damit ist die Gefahr gemeint, im hohen Alter finanziell nicht ausreichend abgesichert zu sein. „Diese Frage gewinnt angesichts des aktuell deutlich ansteigenden Anteils älterer Personen zusätzlich an gesellschaftlicher Relevanz“, so Dr. Mergenthaler.

Diese Pressemeldung basiert auf folgender Publikation: Reuter, Anna; Mergenthaler, Andreas; Klüsener, Sebastian (2025): Gender Gap bei selbst eingeschätzter Lebensdauer. Männer optimistisch, Frauen pessimistisch? In: BiB.Aktuell 4/2025

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