Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

BiB.Monitor Wohlbefinden 2023: Wie zufrieden ist die Bevölkerung in Deutschland?

Der BiB.Monitor Wohlbefinden 2023 beschreibt Unterschiede in der Lebenszufriedenheit beispielhaft für ausgewählte Bevölkerungsruppen.

Auf einen Blick:

  • „Wohlbefinden“ bildet subjektiven Wohlstand der Bevölkerung ab und ist ungleich verteilt
  • Hoher Anteil der Alleinerziehenden ist wenig zufrieden mit dem Leben
  • Personen mit Hochschulbildung haben geringen Anteil wenig Zufriedener
  • Zugewanderte der ersten Generation sind vergleichsweise zufrieden
  • Personen mit langen Pendelzeiten sind eher wenig zufrieden
  • Gute Balance aus Nähe und Distanz Erwachsener zu ihren Eltern ist mit höherem Anteil Zufriedener verbunden

Auf die Ränder kommt es an: Unter Alleinerziehenden besonders hoher Anteil an wenig Zufriedenen

C. Katharina Spieß, Mara Barschkett, Volker Cihlar, Anna Dechant, Jean Décieux, Sabine Diabaté, Andreas Genoni, Elke Loichinger, Nadja Milewski, Heiko Rüger, Sophia Schmitz, Nico Stawarz

Die Messung des Wohlstands unserer Bevölkerung ist für die Gestaltung von Politik von zentraler Bedeutung. Neben objektiven Indikatoren zur Wohlstandsmessung, wie dem Bruttoinlandsprodukt, sind in der Debatte um diese Messungen zunehmend subjektive Indikatoren von Relevanz. Unter diesen ist die allgemeine Lebenszufriedenheit als Maß für das subjektive Wohlbefinden eine entscheidende Größe, welche den subjektiven Wohlstand der Bevölkerung abbildet. Allerdings werden bisher häufig vor allem die Durchschnittswerte der allgemeinen Zufriedenheit betrachtet. Der BiB.Monitor Wohlbefinden nimmt dagegen gezielt die Verteilung des Wohlbefindens der Bevölkerung in den Fokus.

Insbesondere die Ränder der Verteilung sind für die Gestaltung von Politik von Interesse: Welche Gruppen sind wenig und welche sind sehr zufrieden? Wie groß sind die Unterschiede? Anknüpfend daran untersucht der BiB.Monitor systematisch die Ungleichheiten in der Zufriedenheit verschiedener Bevölkerungsgruppen. In diesem ersten BiB.Monitor werden Wohlbefindensunterschiede beispielhaft für ausgewählte demografische Gruppen beschrieben. Diese Gruppen stehen für verschiedene Phasen des Lebensverlaufs. Die Auswertungen basieren auf den Daten des familiendemografischen Panels (FReDA) aus dem Jahr 2021, also einem besonderen und krisenhaften Jahr – inmitten der COVID-19-Pandemie. In den Analysen zeigt sich, dass ein hoher Anteil der Alleinerziehenden und der Menschen ohne akademische Ausbildung wenig zufrieden ist.

Es gehört auch zu den Ergebnissen, dass Zugewanderte der ersten Generation vergleichsweise zufrieden sind. Außerdem wird deutlich, dass Personen mit langen Pendelzeiten eine geringere Zufriedenheit aufweisen, während Personen, die berufsbedingt umgezogen sind, eher eine höhere Lebenszufriedenheit berichten. Schließlich ist auch das Verhältnis der Generationen innerhalb von Familien ein wichtiger Faktor für das subjektive Wohlbefinden: Die Entfernung der erwachsenen Kinder zu ihren Eltern hat eine ambivalente Auswirkung darauf – nicht ganz nah und nicht zu weit entfernt erscheint optimal für die familiären Beziehungen über die Generationen hinweg.

Insgesamt geben all diese Ergebnisse Hinweise, wie Politik das Wohlbefinden der Bevölkerung und damit den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand verbessern könnte und für welche Bevölkerungsgruppen besonderer Handlungsbedarf besteht. Diese erste Ausgabe des BiB.Monitors zeigt deutlich, dass beispielsweise und insbesondere alleinerziehende Eltern in Hinblick auf ihr subjektives Wohlbefinden Unterstützung brauchen.

Warum brauchen wir einen Monitor, der das subjektive Wohlbefinden erfasst?

Wie steht es um das Wohlbefinden in Deutschland? Wie geht es der Bevölkerung und wie ist deren Lebensqualität? Beide Fragen sind eng mit dem Begriff Wohlstand verbunden. Wohlstand wird klassisch durch die Wirtschaftsleistung, wie etwa das Bruttoinlandsprodukt, und den individuellen materiellen Wohlstand, wie z. B. das Erwerbseinkommen, erfasst. Internationale Organisationen, wie die OECD, ebenso wie die Wissenschaft und die aktuelle wie frühere Bundesregierungen sind sich jedoch einig, dass der Wohlstand einer Bevölkerung umfassender beschrieben werden muss. Analog zu den UN-Nachhaltigkeitszielen hat in Deutschland vor einigen Jahren die Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ Indikatoren definiert, die den Dreiklang von materiellem Wohlstand, sozialem Zusammenhalt und Ökologie abbilden (die sogenannten „W3-Indikatoren“). Das Konzept ähnelt auch dem „Better-Life-Index“ der OECD.1

Aktuell hat die Bundesregierung den Transformationsbericht „Menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten, soziale Gerechtigkeit“ verabschiedet.2 Um Wohlstand ganzheitlicher zu erfassen, verbinden die erwähnten Konzepte objektive Indikatoren, wie das Einkommen, Erwerbstätigkeit und Bildung, mit subjektiven Indikatoren zum Wohlbefinden. Die allgemeine Lebenszufriedenheit wird hierbei in der Regel als eine seit vielen Jahren etablierte Messung für das subjektive Wohlbefinden herangezogen (Kasten 1). Im Gegensatz zu einem aktuellen Stimmungsbarometer bildet die Lebenszufriedenheit ein Langzeitempfinden der individuellen Lebenssituation ab und ist relativ stabil. Sie variiert jedoch über den Lebensverlauf und bei größeren gesellschaftlichen Veränderungen. Für Letzteres ist die COVID-19-Pandemie ein gutes Beispiel: Einschlägige Studien haben gezeigt, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit während der Pandemie gesunken ist. Insbesondere die Lebenszufriedenheit von Eltern mit jüngeren Kindern hat stark abgenommen.3 Für die Erwachsenen jungen und mittleren Alters lag in Deutschland im Jahr 2021 der Mittelwert der Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 für „sehr unzufrieden“ bis 10 für „sehr zufrieden“ bei 6,9 Punkten.4 In den Jahren vor der Pandemie war die Lebenszufriedenheit der gleichaltrigen Bevölkerung mit 7,4 Punkten höher.5.

Mehr als Mittelwerte: Die Ränder der Wohlbefindensverteilung in den Blick nehmen

Vielfach wird die Zufriedenheit der Bevölkerung im Mittel beschrieben. Durchschnittswerte helfen allerdings nur begrenzt, um eine am Menschen orientierte Politik zu gestalten. Vielmehr kommt es wie in anderen Bereichen auf die Verteilung an und vielfach sind besonders die Ränder der Verteilung von Interesse. Veränderungen in der Einkommensverteilung und Einkommensunterschiede werden heute vielfältig diskutiert und als Hinweise für politischen Handlungsbedarf gesehen. Prominente Beispiele sind etwa die Armuts- und Reichtumsberichterstattung oder Gleichstellungsberichte. Ungleichheiten im Wohlbefinden werden seltener systematisch betrachtet. Wer ist in besonderem Maße wenig zufrieden und welche Gruppen sind sehr zufrieden? Wer sind die Gruppen im mittleren Bereich? Antworten auf diese Fragen ermöglichen es der Politik, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um das Wohlbefinden von wenig zufriedenen Bevölkerungsgruppen zu verbessern oder das Wohlbefinden von zufriedenen Gruppen zu erhalten. Dies wiederum stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich auch die Demokratie.

Der BiB.Monitor Wohlbefinden will diese Verteilungsunterschiede und Ungleichheiten in den Fokus rücken: Bevölkerungsgruppen werden auf ihre durchschnittlichen Zufriedenheitsunterschiede untersucht, aber ebenso nach den Anteilen von wenig und sehr Zufriedenen. Analog zum Konzept des bereinigten und unbereinigten „Gender Pay Gap“, der die Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern darstellt, werden Unterschiede im Wohlbefinden daraufhin untersucht, welche Faktoren sie beeinflussen bzw. mit ihnen zusammenhängen. Es werden also sowohl die bloßen Unterschiede als auch die sogenannten bereinigten Unterschiede betrachtet (siehe Kasten 2).

Kasten 1 – Messung von Wohlbefinden und Wohlbefindensunterschieden

Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist ein weltweit verwendetes Konstrukt zur Messung des subjektiven Wohlbefindens. Es wird in der Regel auf einer 11-stufigen Likert-Skala erfasst (von 0 „sehr unzufrieden“ bis 10 „sehr zufrieden“). Im Gegensatz zu anderen Wohlstandsmaßen ist die Messung sehr valide: Die Erfassung ist sehr einfach und dadurch fehlen bei Befragungsdaten wenig Beobachtungswerte. Damit ist die Aufbereitung der Daten deutlich einfacher als beispielsweise die Aufbereitung von Einkommensdaten, die sich durch sehr viel mehr fehlende oder unplausible Angaben auszeichnen.6

Über die allgemeine Lebenszufriedenheit lassen sich sehr unterschiedliche Dimensionen von Wohlbefinden berücksichtigen. Zudem ist die Lebenszufriedenheit von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, wie der Bildung, dem Einkommen, der Erwerbstätigkeit, dem familiären Kontext und insbesondere von der physischen und psychischen Gesundheit. Zahlreiche Forschungsarbeiten belegen darüber hinaus, dass bestimmte Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit oder Heirat zu größeren Veränderungen in der Lebenszufriedenheit führen können. Dabei sind allerdings positive Veränderungen oftmals nur kurzfristig und nicht langfristig messbar. Meist tendieren Menschen einige Zeit später dazu, auf ihr individuelles Basisniveau der Lebenszufriedenheit zurückzukehren. Negative Ereignisse wie der Tod eines Partners oder einer Partnerin sind dagegen eher mit einem längerfristigen Rückgang in der Lebenszufriedenheit verbunden und wirken sich viel stärker auf das Wohlbefinden aus.7

Auf die Bevölkerung bezogen sind Durchschnittswerte des Wohlbefindens jedoch nur begrenzt hilfreich für die Politikgestaltung. Daher stehen im BiB.Monitor die Wohlbefindensverteilung und Unterschiede im Wohlbefinden zwischen Bevölkerungsgruppen im Vordergrund. Wie bei vielen Verteilungsanalysen interessieren auch hier insbesondere die Ränder der Verteilung. Der BiB.Monitor erfasst vier Quartile, die in drei Gruppen aufgeteilt werden: Das oberste Quartil umfasst die „sehr Zufriedenen“ (Zufriedenheitswerte der Wohlbefindensverteilung von 9 und 10 Punkten), die beiden mittleren Quartile die „Zufriedenen“ (7 und 8 Punkte) und das unterste Quartil beschreibt die „wenig Zufriedenen“ (Werte von 0 bis 6 Punkten).

Im BiB.Monitor stehen außerdem die Unterschiede in der Lebenszufriedenheit zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Vordergrund. Als Unterschied im Wohlbefinden wird die Differenz in der durchschnittlichen allgemeinen Lebenszufriedenheit von mindestens zwei Gruppen definiert. Neben einem unbereinigten wird auch ein bereinigter Unterschied im Wohlbefinden betrachtet. Bei den unbereinigten Unterschieden im Wohlbefinden handelt es sich um die bloße Differenz in den Zufriedenheitswerten von zwei Gruppen, der Unterschied kann grundsätzlich Werte von 0 bis 10 annehmen. Bei den bereinigten Unterschieden im Wohlbefinden wird zusätzlich berücksichtigt, dass die Zufriedenheit mit vielen sozioökonomischen und demografischen Merkmalen zusammenhängt. Die hier dargestellten bereinigten Unterschiede im Wohlbefinden berücksichtigen die folgenden Merkmale: Alter, Geschlecht, Haushaltszusammensetzung, Bildung, Haushaltseinkommen, Erwerbsstatus, Gesundheit, Migrationshintergrund und Befragungsmodus8(vgl. auch Anhang).

Wann die Unterschiede als groß oder als weniger bedeutend gelten, ist in der Forschung umstritten. Die potentiellen Schwankungen im Wohlbefinden können aber beispielhaft anhand besonderer Lebensereignisse verdeutlicht werden. So nimmt aufgrund von Heirat die Zufriedenheit von Menschen um 0,2 bis 0,3 Punkte zu. Demgegenüber beeinflussen negative Ereignisse wie der Tod des Ehepartners beziehungsweise der Ehepartnerin das Wohlbefinden viel deutlicher und verringern dieses um 1,0 bis 1,3 Punkte. Eine Scheidung ist mit einem Rückgang um 0,4 bis 0,5 Punkte verbunden und Arbeitslosigkeit führt zu einer Reduktion von 0,7 Punkten.9 Im BiB.Monitor wird von kleinen Unterschieden ausgegangen, wenn die Wohlbefindensunterschiede weniger als 0,2 Punkte betragen. Unterschiede von 0,2 bis 0,5 Punkten werden als mittelgroß bezeichnet und Unterschiede, die mehr als 0,5 Punkte betragen, werden als groß bezeichnet.

Schwerpunkt BiB.Monitor 2023: Zentrale demografische Bevölkerungsgruppen entlang des Lebensverlaufs

Das Wohlbefinden der Bevölkerung wird über den Lebensverlauf von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst, die von individuellen Lebensereignissen bis hin zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüchen reichen. Das Wohlbefinden ist u. a. vom Einkommen und der Gesundheit, von der Wohnsituation und der Verkehrsanbindung und der Erwerbsarbeit geprägt. Zudem steht das individuelle Wohlbefinden in Zusammenhang mit zentralen demografischen Ereignissen wie der Entscheidung für Kinder, einem Umzug oder einer Auswanderung. Es ist zudem mit der Lebenserwartung und anderen wichtigen demografischen Ereignissen verknüpft. Somit ist das Wohlbefinden ein Indikator für Wohlstand. Im ersten BiB.Monitor wird das Wohlbefinden als eine qualitative Dimension der Bevölkerung für zentrale demografische Gruppen dargestellt, deren Abgrenzung sich aus dem Lebensverlauf ergibt und die gleichzeitig auch die Forschungsschwerpunkte des BiB widerspiegeln. Die Analysen beziehen sich hauptsächlich auf die jüngere und mittlere Erwachsenengeneration. Grund dafür sind die Altersgrenzen der Daten des BiB.Monitors, der auf FReDA zurückgreift und damit das Wohlbefinden von Erwachsenen im Alter von 18 bis 50 Jahren erfasst. Aber auch ältere Menschen werden adressiert – das Wohlbefinden der über 50-Jährigen wird auf der Basis der deutschen SHARE-Daten dargestellt (Kasten 2 und 3).

Die Befunde des ersten BiB.Monitors beziehen sich auf die erste FReDA-Befragung aus dem Jahr 2021. Dies ist derzeit die aktuellste FReDA-Welle, die repräsentativ ausgewertet werden kann. Dementsprechend müssen die Daten und Ergebnisse im Kontext des zweiten Jahres der COVID-19-Pandemie interpretiert werden. Allerdings stehen im BiB.Monitor nicht die absoluten Werte des Wohlbefindens im Mittelpunkt, sondern Unterschiede im subjektiven Wohlbefinden über unterschiedliche Gruppen hinweg. Sie können der Politik Hinweise darauf geben, welche Gruppen in Krisenzeiten besonders vulnerabel sind und auch nach der Pandemie Aufhol- und Unterstützungsbedarf haben.

Der neue BiB.Monitor Wohlbefinden wird künftig einmal im Jahr die Politik und Fachöffentlichkeit darüber informieren, wie es um das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung bestellt ist. Künftige Ausgaben werden sich auf FReDA- und SHARE-Daten des jeweiligen Vorjahres beziehen können. Zudem soll neben einem wiederkehrenden Teil des Monitors ein Schwerpunkt präsentiert werden, der vertiefende Analysen zur allgemeinen Lebenszufriedenheit liefert, z. B. nach Regionen, Bildungsgruppen, Familientypen, Zuwanderungsgeschichte oder im internationalen Ländervergleich.

Kasten 2 – Datengrundlage: FReDA und SHARE

FReDA. Die Befunde des BiB.Monitors Wohlbefinden basieren vorrangig auf den repräsentativen Daten des familiendemografischen Panels FReDA, das – neben vielen anderen Themen – auch die allgemeine Lebenszufriedenheit von Personen im Alter von 18 bis 49 Jahren erfasst. Damit ist es möglich, das Wohlbefinden eines Großteils der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abzubilden. Personen ab 50 Jahren werden in FReDA bisher nicht befragt. Die aktuellen FReDA-Daten beziehen sich auf das Jahr 2021. Insgesamt wurden in diesem Jahr über 30.000 Personen in ganz Deutschland befragt.13

Allerdings sind mit diesen Daten keine Aussagen zum Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen möglich. Einschlägige Forschungsbefunde verdeutlichen jedoch, dass das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen signifikant mit dem Wohlbefinden der Eltern zusammenhängt und dieses einen signifikanten Einfluss auf die kindliche Entwicklung und das Wohlergehen der Kinder und auch Jugendlichen hat.14 Befunde zum Wohlbefinden der Bevölkerung im Alter von 50 Jahren und mehr werden auf der Basis der SHARE-Daten ergänzt.

SHARE Deutschland. SHARE steht für Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (siehe Kasten 3). SHARE Deutschland erfasst repräsentativ Informationen zur Bevölkerung in Deutschland im Alter von 50 Jahren und mehr.15 Die aktuellen SHARE-Daten beziehen sich hauptsächlich auf das Jahr 2022 – die Daten wurden erhoben zwischen November 2021 und September 2022.16 Insgesamt wurden in diesem Zeitraum knapp 4457 Menschen in ganz Deutschland befragt. Hintergrundinformationen (wie der Migrationshintergrund) wurden aus früheren Befragungswellen entnommen.17 Wie in FReDA wird die allgemeine Lebenszufriedenheit über die Frage erfasst, wie zufrieden Befragte mit ihrem Leben auf einer Skala von 0 bis 10 sind.

Die Bevölkerungspyramide nach Zufriedenheit: Anfang 30 ist die Zufriedenheit besonders hoch

Die Bevölkerungsforschung bedient sich bei der Darstellung von Alters- und Geschlechterverteilungen 10 vielfach sogenannter Bevölkerungspyramiden oder -diagramme. In Anlehnung daran wird das Wohlbefinden der Bevölkerung als „Zufriedenheitspyramide“ dargestellt (Abbildung 1). Die waagerechten Balken zeigen, wie zufrieden Männer (links) und Frauen (rechts) im Alter von 18 bis 49 Jahren sind (für die Zufriedenheitswerte höherer Altersgruppen siehe Kasten 3). Über alle Altersgruppen hinweg berichten Männer und Frauen der FReDA-Erhebung mit 6,9 auf einer Skala von 0 für „sehr unzufrieden“ bis 10 für „sehr zufrieden“ die gleichen Zufriedenheitswerte. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern zeigen sich in den frühen 20er- und 30er-Lebensjahren, in denen Frauen etwas zufriedener sind als Männer. In den anderen Altersjahrgängen sind die durchaus sichtbaren Unterschiede zwischen Frauen und Männern im statistischen Sinne nicht signifikant. In Bezug auf den Verlauf über das Alter verdeutlichen die unbereinigten Werte (siehe Kasten 1), dass in der Tendenz die Zufriedenheit von Frauen und Männern im Alter von 20 Jahren und in den frühen bis mittleren 30er-Lebensjahren am höchsten ist.11

Abbildung 1: Lebenszufriedenheit im Alter von 18 bis 49 Jahren nach Geschlecht Abb. 1: In der Altersgruppe der bis 50-Jährigen ist in der Tendenz die Zufriedenheit von Frauen und Männern im Alter von 20 Jahren und in den frühen bis mittleren 30er-Lebensjahren am höchsten.

Diese Unterschiede sind jedoch nicht ausschließlich als Alterseffekte zu interpretieren, sondern sind ebenso das Ergebnis verschiedener Lebensphasen und damit einhergehender Lebensereignisse (wie zum Beispiel Eintritt in den Arbeitsmarkt oder Geburt von Kindern), welche die Zufriedenheit in besonderem Maße beeinflussen. Sie häufen sich typischerweise in bestimmten Altersgruppen. Wenn zusätzlich nach Bildungsstand oder Familienstand differenziert wird, zeigen sich weitere bedeutsame Unterschiede (siehe dazu weitere Befunde unten). Sofern derartige Zusammenhänge berücksichtigt werden, kann eine sogenannte „bereinigte Lebenszufriedenheit“ für jedes Einzelalter berechnet werden (siehe Kasten 1). Diese Werte sind in Abbildung 1 und Abbildung 1a Drei- und Vierecken dargestellt.

Wie hoch sind die Unterschiede im Wohlbefinden zwischen Altersgruppen? Wird etwa der Unterschied im Wohlbefinden zwischen den Anfang 30- und 49-Jährigen berechnet, so wird deutlich, dass 30-Jährige fast 0,2 Punkte zufriedener sind als 49-Jährige und somit ein kleiner Unterschied in der Zufriedenheit zwischen beiden Altersgruppen besteht.12. Dies gilt für Frauen und Männer gleichermaßen sowie für die unbereinigten als auch bereinigten Zufriedenheitswerte.

Neben der durchschnittlichen Zufriedenheit über das Alter wird in Abbildung 2 die Verteilung der Zufriedenheit anhand der Anteile von wenig Zufriedenen, Zufriedenen und sehr Zufriedenen dargestellt (zur Definition der Gruppen siehe Kasten 1). Die Verteilung der Zufriedenheit von Frauen und Männern unterscheidet sich insgesamt betrachtet nur in geringem Ausmaß: Nahezu die Hälfte der Frauen und Männer ist mit ihrem Leben insgesamt zufrieden und jeweils fast eine von fünf Personen ist sehr zufrieden. Nur ein Drittel gibt jeweils an, wenig zufrieden zu sein.

Abbildung 2: Lebenszufriedenheit nach Geschlecht (in Prozent) Abb. 2: Die Verteilung der Zufriedenheit von Frauen und Männern unterscheidet sich nur in geringem Ausmaß: Nahezu die Hälfte der Frauen und Männer ist mit ihrem Leben insgesamt zufrieden und jeweils fast eine von fünf Personen ist sehr zufrieden. Nur ein Drittel gibt jeweils an, wenig zufrieden zu sein.

Partnerschaft und Kinder sind wichtige Ressourcen für Zufriedenheit

Das Zusammenleben mit einem Partner oder einer Partnerin hängt – wie vielfältige Studien zeigen18– eng mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit zusammen. Die bisherige Forschung hat sich insbesondere mit der Zufriedenheit in Partnerschaften und Ehen beschäftigt.19 Allerdings müssen zwei Wirkungsrichtungen berücksichtigt werden: Zum einen kann eine Partnerschaft zufriedener machen, aber zum anderen ist es häufig so, dass zufriedenere Menschen eher einen Partner oder eine Partnerin finden beziehungsweise Partnerschaften zufriedener Menschen länger Bestand haben.20 In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil der Personen, die nicht mit einem Partner oder einer Partnerin in einem Haushalt leben, gestiegen. Das gilt insbesondere für Ältere nach einer Verwitwung sowie für Personen in den frühen Phasen des Lebensverlaufs.21

Spiegelt sich diese Entwicklung im Wohlbefinden dieser Gruppen wider? Zunächst zeigt sich, dass Singles im Mittel unzufriedener sind als Menschen, die mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben. Mit Blick auf die Verteilung der Zufriedenheitswerte wird deutlich (Abbildung 3), dass Personen, die nicht mit einem Partner oder einer Partnerin im selben Haushalt zusammenleben (bzw. keinen haben), am häufigsten wenig zufrieden sind.

Abbildung 3: Lebenszufriedenheit nach Haushaltszusammensetzung (in Prozent) Abb. 3: Singles sind im Mittel unzufriedener als Menschen, die mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben.

Diese Befunde legen nahe, dass das Zusammenleben mit einem Partner oder einer Partnerin relevant für die individuelle Lebenszufriedenheit ist. Werden verschiedene Kombinationen aus Familienstand und dem Status „zusammenlebend oder nicht“ analysiert, dann haben zusammenlebende Menschen im Mittel eine höhere Lebenszufriedenheit als Menschen, die alleine leben. Dieser Befund bleibt auch dann bestehen, wenn verschiedene weitere Faktoren berücksichtigt werden. Der Unterschied zwischen zusammenlebenden und alleinlebenden Menschen reduziert sich, sofern andere Faktoren berücksichtigt werden, zwar von 0,6 auf 0,3, dennoch bleibt eine mittelgroße und signifikante Zufriedenheitsdifferenz bestehen. Diese Ergebnisse, welche auf Daten aus dem zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie basieren, zeigen sich ebenso für die Zeit vor der Pandemie.22Auch die Frage, ob Kinder glücklich machen, ist verstärkt in den Fokus der Forschung zur Lebenszufriedenheit gerückt.23 Parallel zum Singletrend ist in den letzten Jahrzehnten der Anteil derer, die keine (eigenen) Kinder haben und nicht mit (eigenen oder anderen) Kindern in einem Haushalt leben, gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil von „Singleeltern“24 mittlerweile relativ hoch. Zunächst zeigt sich ein Unterschied im Wohlbefinden von Menschen mit und ohne Kinder im Haushalt: Personen mit Kindern sind im Mittel zufriedener als solche ohne Kinder (unbereinigte Mittelwerte: 6,9 versus 6,5). Zudem ist der Anteil der sehr Zufriedenen bei den Eltern mit 18,9 Prozent höher als bei Personen ohne Kinder im Haushalt (13,1 Prozent). Nach der Bereinigung der Mittelwerte verkleinert sich der Unterschied zwischen „Kinderlosen“ und Eltern von vormals 0,4 auf 0,2, es bleibt ein kleiner bis mittlerer statistisch nicht signifikanter Unterschied bestehen.

Bei der Analyse der Haushaltskonstellation nach dem Vorhandensein von Partner und Kind(ern) werden weitere Unterschiede deutlich (Abbildung 3): Menschen in Ein-Eltern-Haushalten sind am häufigsten wenig zufrieden (57 Prozent), während der geringste Anteil an wenig Zufriedenen in Paarhaushalten ohne Kinder zu finden ist (31 Prozent). Wer in Paarhaushalten mit Kind(ern) lebt, ist am häufigsten sehr zufrieden, wobei der Anteil an sehr Zufriedenen bei den Singles ohne Kind(er) mit 11 Prozent am niedrigsten ausfällt. Dies deutet darauf hin, dass Menschen zufriedener sind, wenn ihre Lebensform der traditionellen Norm von Partnerschaft und Kind nahekommt. Zudem spielt hier der Befragungszeitpunkt eine Rolle: Aufgrund der COVID-19-Kontaktbeschränkungen fällt der aus der Forschung bekannte positive Effekt des Zusammenlebens möglicherweise größer aus. Mit einem weiteren Erwachsenen zusammenzuleben, ist zumeist eine zusätzliche Ressource für das Wohlbefinden. Bei Alleinerziehenden ist die Lebenszufriedenheit – zusätzlich verstärkt durch die Pandemie – deutlich beeinträchtigt.

Anteil der wenig Zufriedenen unter Akademikerinnen und Akademikern deutlich geringer

Nach wie vor steigt in Deutschland der Anteil derjenigen an, die ein Studium aufnehmen. Verfügten im Jahr 1991 rund 9 Prozent der Bevölkerung über einen akademischen Abschluss, so belief sich dieser Anteil im Jahr 2019 bereits auf knapp 20 Prozent.25
Tabellen/bildungsabschluss.html (Stand: 23.08.2023). Forschungsarbeiten zum Zusammenhang zwischen dem individuellen Bildungsniveau und der allgemeinen Lebenszufriedenheit verdeutlichen, dass höher gebildete Menschen im Mittel zufriedener sind, auch wenn andere Faktoren für die Zufriedenheit wie Einkommen und Gesundheit berücksichtigt werden.26

Dies zeigt sich ebenso bei den Erwachsenen der FReDA-Befragung: Akademikerinnen und Akademiker sind im Mittel zufriedener als Menschen ohne einen akademischen Abschluss (Abbildung 4): Der unbereinigte Unterschied im Wohlbefinden kann mit knapp 0,4 Skalenpunkten als mittelgroß interpretiert werden. Mit rund 0,2 Punkten fällt der bereinigte Effekt etwa halb so groß aus, bleibt aber weiterhin statistisch signifikant.

Zudem fällt der Anteil der wenig Zufriedenen mit 36 Prozent bei denen, die nicht oder noch nicht fertig studiert haben, deutlich höher aus als unter den Akademikerinnen und Akademikern (26 Prozent). Einen wesentlich kleineren Unterschied gibt es beim Anteil sehr Zufriedener in beiden Bildungsgruppen: 21 Prozent mit einem Hochschulabschluss gaben an, sehr zufrieden zu sein. Bei den Personen ohne Hochschulabschluss ist dieser Anteil mit knapp 18 Prozent nur geringfügig niedriger.

Werden die beruflichen Bildungsabschlüsse noch differenzierter betrachtet, wird deutlich, dass die Lebenszufriedenheit mit 6,2 Punkten bei Personen ohne Berufsabschluss besonders gering ausfällt und es in dieser Gruppe einen hohen Anteil wenig Zufriedener gibt (52 Prozent). Dahingehend berichten Personen mit Promotion mit 7,1 Punkten besonders hohe Zufriedenheitswerte. Weitere Differenzierungen beispielsweise nach dem Geschlecht ergeben keine weiteren bildungsspezifischen Unterschiede im Wohlbefinden.

Abbildung 4: Lebenszufriedenheit nach Hochschulabschluss (in Prozent) Abb. 4: Akademikerinnen und Akademiker sind im Mittel zufriedener als Menschen ohne einen akademischen Abschluss.

Geringer Bildungsabschluss der Eltern ist mit niedrigerer Zufriedenheit der erwachsenen Kinder verbunden

Neben der eigenen beruflichen Bildung wird in vielen Analysen zusätzlich der elterliche Bildungshintergrund betrachtet. Er beeinflusst die Lebenssituation von Kindern, auch wenn diese bereits erwachsen sind, zum Beispiel durch materielle oder immaterielle Unterstützungsleistungen der Eltern an die Kinder. In Hinblick auf das Wohlbefinden zeigen sich ebenfalls Unterschiede nach dem Bildungshintergrund der Eltern (Abbildung 5).

Der unbereinigte Unterschied im Wohlbefinden derjenigen, deren Eltern einen Hochschulabschluss haben und der Referenzgruppe, ist mit knapp 0,2 Skalenpunkten mittelgroß, bereinigt beträgt dieser 0,1 Punkte und bleibt weiterhin statistisch signifikant. Demnach sind die Befragten zufriedener, wenn mindestens ein Elternteil Akademikerin oder Akademiker ist.

Abbildung 5: Lebenszufriedenheit nachelterlichem Hochschulabschluss (in Prozent) Abb. 5: Die Befragten sind zufriedener, wenn mindestens ein Elternteil Akademikerin oder Akademiker ist.

Ein Blick auf die Verteilung der Zufriedenheitswerte verdeutlicht zudem, dass innerhalb der Gruppe derer, von denen kein Elternteil einen Hochschulabschluss hat, mit 31 Prozent der Anteil der wenig Zufriedenen höher ausfällt als mit 26 Prozent in der Gruppe, bei der zumindest ein Elternteil einen akademischen Abschluss hat. Zusätzlich unterscheiden sich ebenfalls die Anteile bei den sehr Zufriedenen mit 19 und 22 Prozent um 3 Prozentpunkte. Diese Analysen zeigen, dass die elterliche Bildung und das Wohlbefinden ihrer Kinder, auch wenn diese bereits erwachsen sind, signifikant zusammenhängen.

Lebenszufriedenheit der zweiten Generation Zugewanderter am niedrigsten

Mit etwa 29 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen Zugewanderte und deren Nachkommen eine zentrale Gruppe der Bevölkerung Deutschlands dar.27. Knapp 64 Prozent von ihnen sind selbst nach Deutschland eingewandert und werden deswegen auch als Migrantinnen und Migranten oder Personen der ersten Zuwanderungsgeneration bezeichnet. 36 Prozent gehören der zweiten Zuwanderungsgeneration an, da nicht sie, sondern mindestens eines ihrer Elternteile nach Deutschland eingewandert sind.

In der FReDA-Befragung gaben Menschen der zweiten Generation im jungen und mittleren Erwachsenenalter mit durchschnittlich 6,5 Punkten die niedrigste Lebenszufriedenheit an, gefolgt von Personen ohne Migrationshintergrund (6,7) und den Angehörigen der ersten Generation (6,8). Diese Unterschiede in der Lebenszufriedenheit finden sich ebenso in anderen Studien zu Zugewanderten und deren Nachkommen in Deutschland.28 Mit 0,1 und 0,3 Punkten fallen die Differenzen im Wohlbefinden klein bis mittelgroß aus. Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit ist in der zweiten Generation statistisch signifikant niedriger als in der ersten Generation, was sich auch bei den bereinigten Unterschieden im Wohlbefinden zeigt. Die etwas niedrige Lebenszufriedenheit von Personen der zweiten Generation wird ebenso an einem relativ hohen Anteil wenig Zufriedener und einem niedrigen Anteil sehr Zufriedener deutlich (Abbildung 6).

Abbildung 6: Lebenszufriedenheit von Personen mit und ohne Migrationshintergrund (in Prozent) Abb. 6: Menschen der zweiten Generation Zugewanderter geben mit durchschnittlich 6,5 Punkten die niedrigste Lebenszufriedenheit im Vergleich mit Zugewanderten der ersten Generation und mit Personen ohne Migrationshintergrund.

Viele Studien berichten, dass Personen der zweiten Generation in vielen Lebensbereichen grundsätzlich ähnlicher zur sogenannten einheimischen Bevölkerung sind als es bei Menschen der ersten Generation der Fall ist.29 Die Befunde deuten jedoch darauf hin, dass sich die Verringerung der Unterschiede nicht zwangsläufig in einer höheren Lebenszufriedenheit in der zweiten Generation niederschlagen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass sich die in Deutschland aufgewachsene zweite Generation in Bezug auf ihre Lebenssituation häufiger mit einheimischen Personen vergleicht. Dahingehend bewerten Personen der ersten Zuwanderungsgeneration ihre Lebenssituation eher in Relation zu jener in ihrem Herkunftsland. Während sich die objektiven Unterschiede zur einheimischen Bevölkerung über die Generationen hinweg also tendenziell verringern, gewinnen sie durch den Wechsel des Bezugspunkts gleichzeitig subjektiv an Bedeutung. Die Unterschiede fallen für die zweite Generation dadurch weiterhin und womöglich in besonderem Maße nachteilig aus.

Im Gegensatz zur zweiten Generation ist der Anteil sehr zufriedener Personen in der ersten Generation mit 20 Prozent hoch und sogar höher als bei Personen ohne Migrationshintergrund. Die vergleichsweise hohe Lebenszufriedenheit der Zugewanderten ist vor allem auf eine höhere Lebenszufriedenheit von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern zurückzuführen, die nach Deutschland eingewandert sind. Diese zahlenmäßig größte Zuwanderergruppe in Deutschland erlebt weniger Einschränkungen ihrer Rechte und ist der einheimischen Bevölkerung vergleichsweise vertraut. Die Forschung hat wiederholt gezeigt, dass die Lebenszufriedenheit von Migrantinnen und Migranten unter anderem mit solchen Faktoren zusammenhängt.32

Insgesamt verdeutlichen die Analysen ein niedriges Wohlbefinden für Angehörige der zweiten Zuwanderungsgeneration und ein vergleichsweise hohes Wohlbefinden für jene der ersten Zuwanderungsgeneration. Zudem weisen die Befunde auf die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen hin, die für Zugewanderte aus unterschiedlichen Herkunftsregionen bestehen und deren individuelles Wohlbefinden beeinflussen können.

Kasten 3 – Das Wohlbefinden der Bevölkerung im Alter von 50 Jahren und älter

Die „Zufriedenheitspyramide“ für die 50- bis 97-jährigen Männer (links) und Frauen (rechts) wird für das Jahr 2021/2022 dargestellt (siehe Abbildung 1a). Auch in dieser Altersgruppe sind Männer und Frauen durchschnittlich gleich zufrieden (im Mittel 7,9 Punkte). Mit wenigen Ausnahmen ergeben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern für die verschiedenen Altersjahrgänge. Eine Ausnahme stellt das Alter 63 dar: Frauen sind in diesem Alter signifikant zufriedener als Männer. In diesem Alter beenden viele Personen ihre Erwerbstätigkeit. Die Unterschiede könnten damit zusammenhängen, dass Männer und Frauen der befragten Generation den Austritt aus dem Erwerbsleben häufig unterschiedlich gewichten. Bei den Frauen dieser Jahrgänge ist die Arbeitsmarktbeteiligung niedriger und somit im Mittel ebenso der Anteil von Frauen, die von einer Erwerbstätigkeit in den Ruhestand wechseln. Dadurch hat dieses Ereignis über alle Frauen hinweg betrachtet eine geringere Bedeutung. Aus einschlägigen Studien, die die Auswirkungen des Übergangs in den Ruhestand auf das Wohlbefinden beziehungsweise die mentale Gesundheit im kausalen Sinne analysieren, geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob Personen nach dem Renteneintritt höhere oder niedrigere Zufriedenheitswerte erreichen als davor.30

Neben geringeren Geschlechterunterschieden zeigen sich im Vergleich zu den Erwachsenen im jüngeren und mittleren Alter nur kleinere Unterschiede zwischen den Altersgruppen in höherem Alter. In der Tendenz ist die Zufriedenheit von älteren Männern und Frauen in den Jahren des Ruhestands (ab ungefähr 65 Jahren) am höchsten und nimmt nach Erreichen des 70. Lebensjahres – mit wenigen Ausreißern – langsam ab. Dies könnte an vermehrten gesundheitlichen Problemen bis hin zur Pflegebedürftigkeit liegen, die mit dem Alter stark zunehmen. Unterschiede zwischen sehr alten Männern und Frauen liegen auch in den deutlichen Bildungsunterschieden in diesen Altersgruppen begründet. Männer dieser Kohorten sind meist höher gebildet. Höher gebildete sehr alte Menschen weisen eine höhere Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden auf, fühlen sich aber weniger wertgeschätzt und anerkannt als Personen mit geringerer Bildung.31

Analog zu den Befunden für die jüngeren Altersgruppen wurde in der Zufriedenheitspyramide die bereinigte Lebenszufriedenheit für jedes Einzelalter berechnet. Ähnlich wie für die jüngeren Altersgruppen verringern sich dadurch die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und verschiedenen Altersgruppen.

Abbildung 1a: Lebenszufriedenheit im Alter von 50 bis 86+ Jahren nach Geschlecht Abb. 1a: In der Altersgruppe der 50- bis 86plus-Jährigen sind Männer und Frauen (Jahr 2021/2022) durchschnittlich gleich zufrieden (im Mittel 7,9 Punkte).

Berufsbedingt Umgezogene sind zufriedener

Räumliche Mobilität ist eine weitere zentrale demografische Komponente, mit der viele Menschen im Laufe ihres Lebens in Berührung kommen. Sie beeinflusst sowohl die regionale Bevölkerungsstruktur als auch die individuelle Lebenssituation. Umzug und Pendeln spielen beispielsweise eine wichtige Rolle, um räumlich entfernte Arbeitsplätze zu erreichen. So ziehen in Deutschland jährlich gut drei Prozent der Bevölkerung über Kreisgrenzen hinweg um und mehr als ein Viertel der Erwerbstätigen legt regelmäßig einen einfachen Arbeitsweg von mindestens 30 Minuten zurück. Rund zwei Drittel der Erwerbstätigen pendeln mit dem Pkw.33 Räumliche Mobilität kann zur Steigerung des Wohlbefindens beitragen, wie dies häufig bei Wohnortverlagerungen der Fall ist.34

Für das Jahr 2021 zeigt sich, dass Menschen, die im Jahr vor der ersten FReDA-Befragung aus beruflichen Gründen umgezogen sind, eine um 0,7 Punkte höhere Lebenszufriedenheit berichten als solche, die nicht umgezogen sind. Bereinigt beträgt dieser Unterschied im Wohlbefinden sogar 0,8 Punkte und ist damit im Vergleich zu den anderen untersuchten Unterschieden relativ groß. Ebenso fällt der Anteil der sehr zufriedenen Menschen bei den berufsbedingt Umgezogenen mit 26 Prozent deutlich höher aus als mit 17 Prozent bei Personen, die nicht umgezogen sind (Abbildung 7).

Abbildung 7: Lebenszufriedenheit nach berufsbedingtem Umzug (in Prozent) Abb. 7: Menschen, die im Jahr vor der ersten FReDA-Befragung aus beruflichen Gründen umgezogen sind, berichten eine höhere Lebenszufriedenheit als solche, die nicht umgezogen sind.

Für längere beruflich bedingte Pendelstrecken gilt das jedoch nicht. Sie gehen mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einher (Abbildung 8). Bei einem einfachen Arbeitsweg von mindestens 60 Minuten über alle Verkehrsmittel hinweg ist der Anteil der Menschen, die angeben, mit ihrem Leben insgesamt wenig zufrieden zu sein, um vier Prozentpunkte höher als bei Personen mit kürzeren Pendeldistanzen. Dies entspricht einem kleinen, jedoch statistisch bedeutsamen Unterschied im Wohlbefinden von durchschnittlich 0,2 Punkten (bereinigt und unbereinigt). Das bestätigt Forschungsergebnisse, wonach insbesondere bei langen Pendelstrecken negative Erfahrungen und Stress zunehmen können, was die Lebenszufriedenheit verringern kann.35 Zwischen der Gruppe mit einer Pendelstrecke von bis zu 30 Minuten und derjenigen mit einer Pendelstrecke von 31 bis 59 Minuten finden sich hingegen keine nennenswerten Unterschiede im Wohlbefinden.

Abbildung 8: Lebenszufriedenheit nach beruflicher Pendeldauer (in Prozent) Abb. 8: Längere beruflich bedingte Pendelstrecken gehen mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einher.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass ein berufsbedingter Umzug im Durchschnitt mit einer Steigerung des Wohlbefindens verbunden ist, da dieser zumeist mit einer positiven Veränderung der Lebenssituation einhergeht. Bei langen täglichen Arbeitswegen kann räumliche Mobilität hingegen einen Stressfaktor darstellen und die Lebenszufriedenheit verringern. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass ein Umzug in jedem Fall dem Pendeln vorzuziehen ist, denn ein Umzug kann hohe Anforderungen an die persönlichen Bewältigungskompetenzen stellen und muss auf die jeweilige Lebenssituation abgestimmt sein – so kann er mit anderen „Kosten“ verbunden sein, wie zum Beispiel der Integration in ein neues Wohnumfeld.36

Eine gute Balance aus Nähe und Distanz zu den Eltern macht zufriedener

Im Jahr 2022 lebten nur etwa 5 Prozent der Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren in Deutschland mit ihren erwachsenen Kindern oder anderen Verwandten in einem gemeinsamen Haushalt.37 Das Zusammenleben stellt also die Ausnahme, ein Leben in gewisser Distanz die Regel dar. Bereits in den 1960er Jahren wurde für diese räumlich entfernte Familienbeziehung die Bezeichnung der inneren Nähe durch äußere Distanz geprägt. Sie soll hervorheben, dass es sich bei getrennt voneinander lebenden erwachsenen Familienmitgliedern „keineswegs um einen Bruch der Familienbeziehungen, sondern um ein neues Arrangement des distanzierten Zusammenlebens [handelt], auf Grund dessen das Verhältnis der Familienmitglieder zueinander positiv gestaltet werden kann“.38

Wie zufrieden sind erwachsene Kinder heute in Abhängigkeit der Entfernung zum Wohnort der eigenen Eltern? In der FReDA-Befragung zeigt sich, dass Menschen, die mit ihren Eltern in einem Haushalt leben, mit 7,1 Punkten im Mittel eine um 0,3 Punkte geringere Zufriedenheit berichten als diejenigen, deren Wohnort bis zu 29 Minuten entfernt liegt (7,4 Punkte).

Abbildung 9: Lebenszufriedenheit nach Entfernung zum elterlichen Wohnort (in Prozent) Abb. 9: Im Mittel werden die höchsten Zufriedenheitswerte berichtet, wenn der Wohnort der erwachsenen Kinder bis zu 29 Minuten Pkw-Fahrzeit vom Wohnort der Eltern entfernt liegt.

Ebenso ist der Anteil der wenig Zufriedenen bei denjenigen am höchsten, die mit ihren Eltern im selben Haushalt leben. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um die Mutter oder den Vater handelt (Abbildung 9). Im Mittel werden die höchsten Zufriedenheitswerte dann berichtet, wenn der Wohnort der erwachsenen Kinder bis zu 29 Minuten Pkw-Fahrzeit vom Wohnort der Eltern entfernt liegt. Die Gruppe der sehr Zufriedenen ist anteilig ebenfalls dann am größten, wenn die Eltern bis zu 29 Minuten zum eigenen Wohnort entfernt leben.

Die um weitere Faktoren bereinigten Analysen zeigen diesen Unterschied lediglich bei der Mutter, wonach das Wohlbefinden der erwachsenen Kinder statistisch bedeutsam höher ausfällt, wenn die eigene Mutter nicht im selben Haushalt, sondern bis zu 29 Minuten entfernt wohnt. Nach der Bereinigung beträgt die Differenz im Wohlbefinden 0,1 Punkte, was einen kleinen, aber statistisch signifikanten Unterschied darstellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Vorstellung von innerer Nähe durch äußere Distanz durchaus berechtigt ist: Das Zusammenleben mit den eigenen Eltern geht bei der erwachsenen Kindergeneration mit einem geringeren Wohlbefinden einher, während eine Entfernung von bis zu 29 Minuten insgesamt gesehen eine günstige Konstellation hinsichtlich des Wohlbefindens darzustellen scheint.

Letztlich beeinflusst die Wohnentfernung erwachsener Kinder zu ihren Eltern die Möglichkeiten der Generationen, sich gegenseitig zu unterstützen und etwa Kinderbetreuung oder Pflegeleistungen zu übernehmen. Gleichzeitig können durch eine ungleiche Verteilung von Unterstützungsleistungen Spannungen zwischen den Generationen entstehen und sich negativ auf das Wohlbefinden auswirken. All dies kann das Wohlbefinden der jüngeren erwachsenen Generation beeinflussen und in der Folge zu einer unausgewogenen Balance zwischen Nähe und Distanz zu den eigenen Eltern führen.

Neuer Fokus: Die gesellschaftlichen Ränder der Zufriedenheitsverteilung

Abschließend kann noch einmal hervorgehoben werden, dass die Messung des subjektiven Wohlbefindens der Bevölkerung jenseits objektiver Indikatoren zur Erfassung des individuellen und gesellschaftlichen Wohlstands beitragen kann. Das wird in der „Beyond-GDP“-Debatte39 seit langem immer wieder betont. Mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit steht ein international anerkannter Indikator zur Verfügung, der das individuelle Wohlbefinden misst. Wie bei der Wohlstandsmessung anhand objektiver Indikatoren ergeben sich auch bei der Analyse der Wohlbefindensverteilung größere Unterschiede. In diesem ersten BiB.Monitor wird dies für das Jahr 2021 gezeigt, dem zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie. Dies war eine Phase, in der viele Anstrengungen unternommen wurden, die physische Gesundheit der Bevölkerung und den materiellen Wohlstand Deutschlands zu sichern. Dafür mussten zum Teil starke Einschränkungen im Alltag hingenommen werden. Wie sich die pandemische Situation und die getroffenen Maßnahmen auf das subjektive Wohlbefinden und damit auf einen zentralen Wohlstandsindikator ausgewirkt haben, wurde dagegen weitestgehend vernachlässigt. Die Befunde zum Wohlbefinden der Erwachsenen im jüngeren und mittleren Alter zeigen jedoch, wie wichtig es ist, dass die Politik diesen Wohlstandsindikator in den Blick nimmt und bei ihrem politischen Handeln in und nach Krisenzeiten berücksichtigt.

Der untere Rand: die wenig Zufriedenen

Bei einigen analysierten Bevölkerungsgruppen zeigt sich, dass der Anteil der wenig Zufriedenen höher ausfällt als der Anteil der Zufriedenen – dies trifft meist in gleichem Ausmaß für Frauen und Männer zu. Insbesondere unter den Alleinerziehenden ist mit 57 Prozent ein auffälliger Anteil von wenig Zufriedenen zu finden. Mit 46 Prozent ist ebenso in der Gruppe der Menschen, die alleine in einem Haushalt leben, der Anteil derjenigen, die wenig zufrieden sind, sehr hoch. Hingegen ist mit nur 12 bzw. 11 Prozent der Anteil der sehr Zufriedenen bei Alleinerziehenden sowie alleinlebenden Personen sehr gering. Damit wird einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, diese Gruppen stärker in den Fokus der Politik rücken. Inzwischen wurden von der Politik zwar Maßnahmen implementiert, wie beispielsweise Programme gegen Einsamkeit. Allerdings handelt es sich dabei häufig um Modellprojekte, deren Langfristigkeit nicht per se gesichert ist.40 Ebenso brauchen Alleinerziehende gezielte Unterstützung, denn die geringere Lebenszufriedenheit betrifft nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Kinder: Die allgemeine Lebenszufriedenheit von Müttern beeinflusst nachweislich kindliche Entwicklungsmaße.41 Ein geringeres elterliches Wohlbefinden ist daher ein erheblicher Risikofaktor für die Zukunftsperspektiven dieser Kinder, der angesichts von 1,57 Millionen Einelternfamilien in Deutschland ein besonderes Gewicht hat.42 Für Alleinerziehende gibt es bereits vielfältige Unterstützungsprogramme, deren Bedeutung bei der Betrachtung ihrer subjektiven Wohlstandsverteilung noch einmal deutlich wird. Unterstützungsprogramme für sie sollten jedoch nicht nur – auf Grund der besonderen Armutsgefährdung43 – am materiellen Wohlstand ansetzen, sondern ebenso am subjektiven Wohlstand, der eine wesentliche Grundlage für die psychische Stabilität von Einelternfamilien darstellt. Dazu zählen z. B. soziale Unterstützungsleistungen zur Entlastung und Regeneration der Eltern. Ein Zusammenspiel von finanzieller, struktureller und sozialer Unterstützung kann das elterliche Wohlbefinden wirksam beeinflussen. Ein weiterer Ansatzpunkt der Prävention wäre, die Kinder dieser Eltern noch gezielter zu unterstützen, sei es beispielsweise in Kitas, im schulischen Kontext oder bei außercurricularen Aktivitäten.

Ein relativ hoher Anteil von wenig Zufriedenen findet sich auch bei den Angehörigen der zweiten Generation Zugewanderter. Sie haben im Vergleich zu den Angehörigen der ersten Generation und Menschen ohne Migrationshintergrund den geringsten Anteil an sehr Zufriedenen, obwohl sie zum Beispiel im Bereich Bildung oder Arbeitsmarktintegration besser abschneiden als diese. Dies verweist darauf, dass strukturelle Ungleichheiten in der zweiten Generation noch nicht vollständig abgebaut sind und bestehende Unterschiede gerade aufgrund der stärkeren Integration in Deutschland, z. B. aufgrund von Bildungserfolgen, umso deutlicher subjektiv wahrgenommen werden. Deshalb können Analysen der allgemeinen Lebenszufriedenheit der Menschen mit Migrationshintergrund zu einem besseren Verständnis der Lebenssituation dieser Bevölkerungsgruppe beitragen, da sie neben der Messung objektiver Integrationsindikatoren, wie Sprachkenntnisse, Bildungsabschlüsse oder Einkommen, das subjektive Wohlbefinden erfassen.

Der obere Rand: die sehr Zufriedenen

Bei anderen Gruppen, wie zum Beispiel den Akademikerinnen und Akademikern, zeigen sich besonders hohe Anteile sehr Zufriedener: Bei Personen mit abgeschlossenem Studium ist der Anteil der wenig Zufriedenen mit 26 Prozent deutlich geringer als bei allen anderen Bildungsgruppen. Ein höherer beruflicher Bildungsabschluss ist somit nicht nur mit einem höheren materiellen Wohlstand verbunden, sondern auch mit einem hohen Anteil an sehr zufriedenen Menschen in dieser Bevölkerungsgruppe. Auch dann, wenn mindestens ein Elternteil einen akademischen Abschluss hat ist der Anteil sehr Zufriedener vergleichsweise hoch. Auch intergenerational ist Bildung und Wohlbefinden positiv korreliert.

Die Mitte der Wohlbefindensverteilung

Die räumliche Dimension des Lebens – etwa die Entfernung zur Familie und zur Arbeit – prägt die Lebenszufriedenheit ebenfalls. Während eine gewisse Entfernung toleriert wird und unter Umständen Vorteile aufweist, sinkt die Lebenszufriedenheit durch hohe Belastung und Stress, die mit größeren Entfernungen zur Erwerbsarbeit oder zur Familie einhergehen können. 56 Prozent der Menschen im jungen und mittleren Erwachsenenalter leben in der mittleren Distanz (bis zu 30 Min. Entfernung) zu ihren Eltern, was mit einer mittleren Zufriedenheit einhergeht. In Bezug auf die Pendeldauer zum Arbeitsplatz ergibt sich folgendes Bild: Die Anteile der wenig Zufriedenen und der sehr Zufriedenen unterscheiden sich bei den Gruppen, die einen einfachen Arbeitsweg von weniger als einer Stunde pendeln, nicht wesentlich. Sobald jedoch eine Pendelzeit von mehr als einer Stunde für den einfachen Arbeitsweg benötigt wird, zeigt sich, dass der Anteil der wenig Zufriedenen den der sehr Zufriedenen übersteigt. Dies verdeutlicht noch einmal, wie belastend lange Pendelwege sein können. Im Hinblick auf die Haushaltszusammensetzung ist die mittlere Gruppe der Zufriedenen insbesondere bei denjenigen hoch, die in Paarhaushalten ohne Kinder leben. Sie profitieren von der materiellen und emotionalen Unterstützung in der Partnerschaft, zeigen aber seltener die Ausschläge in geringes oder hohes Wohlbefinden, die mit Kindern einhergehen können.

Subjektives Wohlbefinden als Säule von gesellschaftlichem Zusammenhalt und Demokratie

Insgesamt ist die Betrachtung der Ränder der Wohlbefindensverteilung ein Ansatzpunkt, um politische Maßnahmen abzuleiten. Die Analyse dieser Verteilung kann dazu beitragen, Hinweise zu finden, wie vermieden werden kann, dass Bevölkerungsgruppen sich immer weiter in ihrem Wohlbefinden auseinanderbewegen. Dieser erste BiB.Monitor 2023 hat bei der Betrachtung der Wohlbefindensverteilung den Fokus auf ausgewählte demografische Gruppen gelegt, was nicht ausschließt, dass andere Gruppen oder einige Untergruppen noch deutlich ungleichere Verteilungen aufweisen. Ein besonderes Augenmerk verdienen solche Gruppen, bei denen durch bestimmte Merkmale wie Geschlecht, Bildung, Alter oder Herkunft kumulierte Risiken für das Wohlbefinden entstehen. Beispielsweise könnte hier an Menschen gedacht werden, für die gilt: „männlich, ohne Schulabschluss, unter 20 Jahre und Migrationshintergrund“.

Insgesamt drückt sich zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zum Teil ein erhebliches subjektives Wohlstandsgefälle darin aus, wer wenig zufrieden und wer sehr zufrieden ist. Das ist für die Politik in hohem Maße bedeutungsvoll. Denn neben materiellem Wohlstand ist der subjektive Wohlstand als ein weiterer wesentlicher Pfeiler einer starken und stabilen Demokratie zu sehen – er ist elementar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Endoten

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Impressum

BiB.Monitor Wohlbefinden: Ein Projekt des BiB in Kooperation mit dem SHARE Berlin Institut

Logo des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) www.share-eric.eu

Logo des Forschungsprojektes „Family Research and Demographic Analysis (FReDA)“ www.freda-panel.de

Herausgeber
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
Friedrich-Ebert-Allee 4
65185 Wiesbaden
Direktorin: Univ.-Prof. Dr. C. Katharina Spieß
Telefon: 0611-752235
E-Mail: post@bib.bund.de

Erschienen
10/2023

Autorinnen und Autoren
C. Katharina Spieß, Mara Barschkett, Volker Cihlar,
Anna Dechant, Jean Décieux, Sabine Diabaté,
Andreas Genoni, Elke Loichinger, Nadja Milewski,
Heiko Rüger, Sophia Schmitz, Nico Stawarz

Redaktion
Katja Patzwaldt, C. Katharina Spieß, Nico Stawarz

Lektorat
Britta Müller

Gestaltung
familie redlich AG – Agentur für Marken und Kommunikation
KOMPAKTMEDIEN – Agentur für Kommunikation GmbH

Druck
Hausdruckerei des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden

Bildnachweis
Titel: jackfrog /Adobe Stock

URN
urn:nbn:de:bib-var-2023-040

Jeder Nachdruck und jede Vervielfältigung – auch auszugsweise
– bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des
Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB).

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